Stellungnahme des Stadtjugendring Chemnitz zur angekündigten Neupriorisierung der Jugendhilfe-Finanzierung 2026

Chemnitz, 03.12.2026 – Der Stadtjugendring Chemnitz begrüßt ausdrücklich, dass Verwaltung und Stadträt:innen in den vergangenen Tagen intensiv nach Lösungen gesucht haben und nun ein Vorschlag vorliegt, durch den von ursprünglich 26 nun noch sieben Projekte zur Nicht-Förderung 2026 vorgesehen sind. Dies stellt für viele Einrichtungen und junge Menschen eine wichtige Entlastung dar. Besonders positiv ist, dass formale Fehler im Antragsverfahren nicht zum Ausschluss der Förderung führen. 
Unverständlich bleibt jedoch, warum identische formale Unschärfen bei den vier Jugendclubs weiterhin als Kürzungs- bzw. Stellenreduzierungsgrund gewertet werden, während die andren Projekte die Möglichkeit der Nachsteuerung erhalten.

Gleichzeitig bleibt die gefundene Lösung eine kurzfristige. Ohne ein klares Bekenntnis, Kinder und Jugendliche verlässlich zu priorisieren und Jugendhilfe nicht als Kürzungsmasse zu betrachten, ist anzunehmen, dass im kommenden Jahr erneut die Diskussion über Kürzungen und Schließungen von Projekten geführt werden wird. Die wiederkehrende Unsicherheit wirkt sich bereits jetzt spürbar auf die Fachkräftebindung aus. Deshalb bleibt die zentrale Forderung des Stadtjugendrings Chemnitz: Jugendhilfe ist keine Kürzungsmasse. Kinder und Jugendliche müssen in der Haushaltsplanung verbindlich priorisiert werden. Kinder- und Jugendarbeit ist eine essentielle Infrastruktur und Stadtortfaktor und muss daher verlässlich ausfinanziert werden.  

Auch wenn wir die kurzfristig gefundene Lösung ausdrücklich begrüßen, kritisieren wir das Verfahren der Lösungsfindung. Die beratenden Mitglieder des Jugendhilfeausschusses wurden weder über die Pressekonferenz noch über den neuen Vorschlag informiert. Dabei sind beratende Mitglieder durch den Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehen, um Fachlichkeit und Praxiserfahrung einzubringen. Informationen ausschließlich über die Medien zu erhalten, widerspricht dieser gesetzlich vorgesehenen Rolle und dem Prinzip der partnerschaftlichen Zusammenarbeit.  

Politischer Druck und zivilgesellschaftliches Engagement waren entscheidend 

Wir danken allen, die in den letzten Wochen Stellungnahmen oder offene Briefe verfasst und die Allianz für Substanz unterstützt haben. Der breite öffentliche Druck – getragen von Trägern, jungen Menschen und der Stadtgesellschaft – hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die nun vorliegende Lösung möglich wurde. 

Jugendhilfe bleibt strukturell unterfinanziert 

Trotz der nun gefundenen Lösung bleibt festzuhalten, dass der beschlossene Jugendhilfeplan weiterhin nicht vollständig finanziell untersetzt ist. Die geplante Verlängerung der Haushaltssperre von 5 % gefährdet unverändert die praktische Arbeit vor Ort, führt zu reduzierten Öffnungszeiten und Qualitätsverlusten.
Daher erneuern wir unsere Forderung nach der Einrichtung eines kommunalen Schonbereichs für Jugend und Kultur (s. Stellungnahme dazu). Gerade vor dem Hintergrund, dass die geburtenstarken Jahrgänge 2017–2025 nun verstärkt in die Angebote der Jugendhilfe hineinwachsen, 
wäre eine Reduzierung von Leistungsangeboten nicht vertretbar. 

Junge Menschen formulieren seit Jahren den Wunsch nach offenen, niedrigschwelligen Räumen im direkten Innenstadtbereich. Ein zusätzliches Angebot im Zentrum bleibt daher dringend notwendig und wir bedauern, dass es kein Interessensbekundungsverfahren für das Zentrum geben soll. 

Junge Menschen haben klare Erwartungen 

Auf der Kundgebung der Allianz für Substanz „Kindheit – Jugend – Zukunft UNKÜRZBAR“ am vergangenen Montag (01.12.2026) haben zahlreiche junge Menschen selbst gesprochen. Ihre Botschaften waren eindeutig: Sie wollen mitreden, mitgestalten und brauchen verlässliche Jugendorte, die nicht jedes Jahr aufs Neue gefährdet werden. Mit einem Zitat von Mikosch Horn aus dem Kreisschüler:innenrat Erzgebirge möchte ich diese Stellungnahme schließen: „Wir alle wissen, dass ein Haushalt Zahlen braucht. Aber wir wissen auch: Eine Stadt braucht mehr als Zahlen. Eine Stadt braucht Wärme, Mut, Räume, Menschen, die sich begegnen können und die an etwas glauben können. Eine Stadt lebt nicht durch ihre Bilanzen, sondern durch die Geschichten, die sie ermöglicht – durch Abende im Jugendhaus, das erste Konzert, durch Projekte, in denen man zum ersten Mal merkt, dass man etwas beitragen kann. Diese Räume streicht man nicht. Diese Zukunft darf man nicht kürzen.“ 

Kontakt für Rückfragen 
Tina Kreller, Projektleitung Stadtjugendring im Netzwerk für Kultur- und Jugendarbeit e.V. 
+49 1522 6652206 |  
  
Stadtjugendring Chemnitz im Netzwerk für Kultur- und Jugendarbeit e.V.
Der Stadtjugendring Chemnitz ist eine wichtige Säule im Netzwerk für Kultur- und Jugendarbeit e. V. – einem freiwilligen Zusammenschluss von vorwiegend gemeinnützigen Vereinen, Verbänden und Initiativen in Chemnitz. Wir handeln auf der Grundlage von demokratischen Entscheidungen sowie offenen und transparenten Arbeitsstrukturen. Der Verein lebt vom aktiven Mitwirken seiner mehr als 70 Mitglieder. Das Netzwerk für Kultur- und Jugendarbeit e. V. verfolgt den Zweck der Förderung und Unterstützung von Kunst und Kultur, insbesondere Soziokultur, demokratischer Bildung sowie von Jugendarbeit und Jugendhilfe. Der Verein ist parteipolitisch unabhängiger Interessenvertreter seiner Mitgliedsvereine. Die Vernetzung und Bündelung von Ressourcen sind Ansprüche, die in der täglichen Arbeit realisiert werden. 

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