Chemnitzer Jugendhilfe drohen deutliche Einschnitte – Stadtjugendring fordert finanzielle Untersetzung des beschlossenen Jugendhilfeplans
Chemnitz, 12.11.2024 – Der Stadtjugendring Chemnitz im Netzwerk für Kultur- und Jugendarbeit e.V. kritisiert die aktuellen Pläne des Chemnitzer Jugendamtes. Am 30.10.2024 erreichte die freien Träger der Jugendhilfe ein Schreiben der Jugendamtsleiterin. Darin informierte sie, dass das Budget der Jugendhilfe für 2025 eine Unterdeckung von 1,1 Millionen Euro aufweist und daher die Förderkonzeption angewandt werden „muss“ – eine Maßnahme, die jedoch laut Förderkonzeption erst nach beschlossenem Haushalt erfolgen darf.
Um die Tragweite zu verdeutlichen: Das Defizit von 1,1 Millionen Euro entspricht etwa sieben Prozent des Budgets für den aktuellen Maßnahmeplan der Jugendhilfe. Da die Träger laut Fachförderrichtlinie Jugend, Soziales, Gesundheit Anspruch auf eine Auslauffinanzierung haben, die etwa durch Kündigungsfristen und bestehende Verträge nötig wird, könnten die Einschnitte sogar deutlich mehr 10 Prozent des jugendhilfeplanerischen Bedarfs betreffen. Es müssten dann etwa 10 bis 15 Leistungsangebote komplett geschlossen werden.
Der Stadtjugendring Chemnitz (NKJC) fordert daher: der vom Stadtrat beschlossene Jugendhilfeplan ist umzusetzen, finanziell zu untersetzen und so dem Rechtsanspruch von Kindern und Jugendlichen in Chemnitz nachzukommen und sicherzustellen, dass Chemnitz als lebenswerte Stadt für Familien und junge Menschen wahrgenommen wird. Eine planvolle Jugendhilfe dient der Förderung der Entwicklung und der Erziehung von Kindern und Jugendlichen zu selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten und führt langfristig auch ökonomisch zu geringeren Belastungen der einschneidenderen Hilfen zur Erziehung und der sozialen Sicherungssysteme.
Auch die Umsetzung des Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) bis 2028, wonach eine inklusive Jugendhilfe zu etablieren ist, erfordert eine Stärkung der Jugendhilfelandschaft und bietet eine weitere fachliche Grundlage für eine angemessene finanzielle aber auch personelle Ausstattung. In Anbetracht dieser Entwicklungen gibt es keine fachliche Grundlage für den Verzicht auf eine angemessene finanzielle Unterstützung der Jugendhilfe. Einsparungen in diesem Bereich senden ein völlig falsches Signal an die jungen Menschen unserer Stadt und werden noch mehr dazu führen, dass diese in Chemnitz keine Perspektiven für sich erkennen können.
Die Ankündigung der Anwendung der Förderkonzeption bevor bekannt ist, welche Einschnitte es geben könnte und noch bevor der nötige Haushalt beschlossen ist, ist juristisch äußerst bedenklich und im vorauseilenden Gehorsam auch undemokratisch. Eine Anwendung kann erst „bei nicht auskömmlichen Haushaltsmitteln“, also nach Beschluss des Haushaltes, beschlossen werden und soll zu einer ermessensfehlerfreien Fördermittelvergabe der unzureichenden Mittel beitragen. Sollte sie beschlossen werden, kann dies nur als Aussage verstanden werden, dass entweder der Jugendhilfeplan keine Relevanz hat oder die Perspektiven junger Menschen keine Priorität genießen. In diesen aber auch allen anderen Fällen ist die vorzeitige Anwendung abzulehnen und stattdessen darauf hin zu arbeiten, dass der Jugendhilfeplan im Haushalt seine komplette finanzielle Untersetzung findet. Es bleibt leider wieder einmal die Feststellung, dass sich die Maßnahmeplanung wohl auch für das Kulturhauptstadtjahr verzögern könnte und wieder einmal allen Kindern und Jugendlichen nicht klar zugesichert wird, dass alle nötigen Angebote der Kinder- und Jugendhilfe erhalten bleiben.
Netzwerk für Kultur- und Jugendarbeit
Das Netzwerk für Kultur- und Jugendarbeit e. V. ist ein freiwilliger Zusammenschluss von vorwiegend gemeinnützigen Vereinen, Verbänden und Initiativen in Chemnitz. Wir handeln auf der Grundlage von demokratischen Entscheidungen sowie offenen und transparenten Arbeitsstrukturen. Der Verein lebt vom aktiven Mitwirken seiner mehr als 70 Mitglieder. Das Netzwerk für Kultur- und Jugendarbeit e. V. verfolgt den Zweck der Förderung und Unterstützung von Kunst und Kultur, insbesondere Soziokultur, demokratischer Bildung sowie von Jugendarbeit und Jugendhilfe. Der Verein ist parteilich unabhängiger Interessenvertreter seiner Mitgliedsvereine. Die Vernetzung und Bündelung von Ressourcen sind Ansprüche, die in der täglichen Arbeit realisiert werden.
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Gregor Richter, Vorstand Netzwerk für Kultur- und Jugendarbeit e.V.
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