STELLUNGNAHME // Allianz für Substanz: Chemnitzer Jugendhilfe drohen drastische Einschnitte

Chemnitzer Jugendhilfe drohen drastische Einschnitte – Stadtjugendring fordert finanzielle Untersetzung des Jugendhilfeplans

Chemnitz, 25.11.2024 – Der Stadtjugendring Chemnitz im Netzwerk für Kultur- und Jugendarbeit e.V. schlägt Alarm: Die Maßnahmenplanung des Chemnitzer Jugendamtes für den Haushalt 2025 schwächt die Jugendhilfe nachhaltig. Angesichts klammer Kassen plant die Stadt Chemnitz drastische Einschnitte in der Jugendhilfe. 2025 gibt es einen anerkannten Bedarf von 16,6 Millionen, von denen nur etwa 15,7 Millionen am 3.12.2024 beschlossen werden sollen. Für 2025 will der Stadtrat am 18.12.2024 ein Budget von 15,5 Millionen festschreiben und bis 2029 soll es auf 13,5 Millionen reduziert werden. Sollte der Stadtrat diesem Sparpaket zustimmen, werden die Auswirkungen schon bald spürbar sein. Für 2025 stehen vier Projekte der Schulsozialarbeit, mehrere jugendhilfeplanerisch relevante Stellen und das ganze „Haus Liddy“ in Gablenz mit drei Projekten auf der Liste. Nahezu alle Angebote der Jugendhilfe wie Jugendclubs, Schulsozialarbeit, außerschulische Jugendbildung sind perspektivisch bis 2029 akut bedroht. Das Sozialdezernat spricht offen von einem „erheblichen Abbau von Leistungsangeboten“. Die Einschnitte bedeuten, dass jedes Jahr mehrere bestehende Angebote wegfallen müssten. Dem Jugendhilfeplan für Chemnitz könnte nicht mehr gefolgt werden und jedes Jahr müsste die Förderkonzeption, eigentlich ein „Notfallinstrument“ zur Kürzung, angewendet werden – eine Entwicklung, die gerade junge Menschen hart treffen würde.

Jugendhilfe ist systemrelevant – Einschnitte gefährden die soziale Basis

Die Jugendhilfe ist eine dritte Sozialisationsinstanz neben Schule und Elternhaus und stellt somit einen unverzichtbaren Bestandteil der sozialen Infrastruktur dar. Sie bietet jungen Menschen Räume und Ressourcen, um außerhalb von Schule und Familie Unterstützung zu finden, Normen und Werte zu hinterfragen und demokratisches Miteinander zu erlernen. Diese Funktionen sind zentral für das Funktionieren einer Stadtgesellschaft.

Zu den Kernaufgaben der Jugendhilfe gehört auch der Umgang mit Krisen im Leben junger Menschen: von Beratung über Unterstützung bis hin zu praktischen Hilfen für vielfältige Lebenssituationen. Die Jugendhilfe fördert zudem durch ihre partizipativen Strukturen den sozialen Zusammenhalt und macht Chemnitz langfristig attraktiver – auch für dringend benötigte Fachkräfte, die nicht nur die Wirtschaft der Stadt stärken, sondern auch die Gesellschaft bereichern.

Wer an der Jugendhilfe spart, verschlechtert nicht nur den sozialen Zusammenhalt, sondern gefährdet auch die Attraktivität der Stadt für junge Menschen. Einschnitte in der präventiven Jugendhilfe führen unweigerlich zu steigenden Bedarfen in der teureren Hilfen zur Erziehung (HzE), wie bereits die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen. Frühzeitige Investitionen in präventive Angebote (§§11–14 SGB VIII) sind daher nicht nur sozial, sondern auch wirtschaftlich geboten, um zukünftige Belastungen zu vermeiden.

Stärkung statt Abbau – Perspektiven für junge Menschen schaffen

Die Kürzungen kommen zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Chemnitz steht mit der Umsetzung des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes (KJSG) vor der Aufgabe, eine inklusive Jugendhilfe bis 2028 zu etablieren. Dafür wären jedoch zusätzliche personelle und finanzielle Ressourcen nötig – nicht weniger. Es ist für junge Menschen in Chemnitz unverständlich, warum bei notwendigen Einsparungen zuerst an ihre soziale Infrastruktur gedacht wird. Solche Maßnahmen signalisieren, dass ihre Bedarfe keine Priorität haben, und erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass sie Chemnitz als junge Erwachsene verlassen. Dies ist keine zukunftsgerichtete Strategie, sondern untergräbt das Vertrauen in die Stadt – insbesondere in einem Jahr, das mit der Kulturhauptstadt Europas im internationalen Rampenlicht steht.

Der Stadtjugendring Chemnitz fordert:

  • Finanzielle Untersetzung der jugendhilfeplanerisch befürworteten Leistungsangebote und Stellenerweiterungen, um den vom Stadtrat beschlossenen Jugendhilfeplan umzusetzen und die erkannten Bedarfe zu decken.
  • Die langfristige und nachhaltige Stärkung des Jugendhilfeplans als zentrales Förderinstrument der Kinder- und Jugendhilfe.
  • Die inklusive Ausgestaltung der Jugendhilfe und die Umsetzung des Kinder- und Jugendstärkungsgesetztes bis 2028 erfordert Investitionen in die Jugendhilfe.

 

Jugendhilfe braucht Perspektiven – nicht Kürzungen!

Die Chemnitzer Jugendhilfe ist ein essenzieller Bestandteil der Stadtgesellschaft. Ihre Angebote schaffen Resilienz, unterstützen junge Menschen in Krisen und fördern ein demokratisches Miteinander. Kürzungen in diesem Bereich senden ein fatales Signal: Sie zeigen jungen Menschen, dass ihre Zukunft in Chemnitz keine Priorität hat.

Es ist höchste Zeit, Verantwortung zu übernehmen. Chemnitz muss ein verlässlicher Ort für Kinder und Jugendliche bleiben. Der Stadtjugendring appelliert an die Entscheidungsträger:innen, jetzt Haltung zu zeigen:
Setzen Sie ein klares Zeichen für die Jugendhilfe! Nur so kann Chemnitz eine lebenswerte Stadt für junge Menschen bleiben.

 

Kontakte für Rückfragen
Tina Kreller, Stadtjugendring Chemnitz im NKJC
0371-24356704 | Mobil: +49 1522 6652206 | E-Mail:

Netzwerk für Kultur- und Jugendarbeit
Das Netzwerk für Kultur- und Jugendarbeit e. V. ist ein freiwilliger Zusammenschluss von vorwiegend gemeinnützigen Vereinen, Verbänden und Initiativen in Chemnitz. Wir handeln auf der Grundlage von demokratischen Entscheidungen sowie offenen und transparenten Arbeitsstrukturen. Der Verein lebt vom aktiven Mitwirken seiner mehr als 70 Mitglieder. Das Netzwerk für Kultur- und Jugendarbeit e. V. verfolgt den Zweck der Förderung und Unterstützung von Kunst und Kultur, insbesondere Soziokultur, demokratischer Bildung sowie von Jugendarbeit und Jugendhilfe. Der Verein ist parteilich unabhängiger Interessenvertreter seiner Mitgliedsvereine. Die Vernetzung und Bündelung von Ressourcen sind Ansprüche, die in der täglichen Arbeit realisiert werden.  

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