Stellungnahme des Stadtjugendring Chemnitz zur 5-Prozent-Ausgabensperre 2025

Die haushaltswirtschaftliche Sperre trifft die Jugend(sozial)arbeit in Chemnitz. Was diese Kürzungen für Chemnitz bedeuten.

Stellungnahme des Stadtjugendring Chemnitz zur 5-Prozent-Ausgabensperre 2025

Die pauschale Kürzung von 5 Prozent durch die haushaltswirtschaftliche Sperre führt zu deutlichen Einschnitten in der Jugend(sozial)arbeit: weniger Personal, abgesagte Projekte, eingeschränkte Öffnungszeiten und fehlende Planungssicherheit. Nicht gegenfinanzierte Tariferhöhungen erhöhen den realen Kürzungsdruck auf 8 Prozent. Da sich die Kürzungen auf die Jahresförderung beziehen, aber erst ab Mai wirksam kompensiert werden müssen, ergeben sich faktisch Einsparungen von über 10 Prozent. Die freien Träger prüfen derzeit, ob eine koordinierte temporäre Schließzeit von Angeboten notwendig ist. Denn eine Kürzung in dieser Größenordnung lässt sich nicht allein über Sachkosten kompensieren. Die Ausgabensperre des Kämmerers hat unmittelbare Auswirkungen auf die Personalausstattung der Träger – und damit auf die konkrete Umsetzung der vereinbarten Leistungsangebote.  

Was mit weniger nicht mehr geht, wird dann konkret sichtbar. Es fehlen verlässliche Anlaufstellen, vertraute Fachkräfte und sichere Räume für junge Menschen. Die haushaltswirtschaftliche Sperre betrachtet ausschließlich finanzielle Aspekte, während jugendhilfeplanerisch festgestellte Bedarfe und die reale Lebenssituation junger Menschen aus dem Blick geraten. Die Kürzungen wirken sich insbesondere auf die Strukturqualität der Angebote aus. Fachkräfte verlassen ihr Arbeitsfeld aufgrund unsicherer Perspektiven, Veranstaltungen und Bildungsmaßnahmen können nicht verlässlich umgesetzt werden. Dies führt zu einem Substanzabbau, der die Erreichbarkeit und Fördermöglichkeiten für junge Menschen spürbar einschränkt. Insbesondere präventive Angebote sind betroffen, obwohl sie nachweislich langfristig wirken und damit wirtschaftlich sinnvoll sind. Was heute gespart wird, schlägt sich in wenigen Jahren mit deutlich höheren Kosten in Form von vermehrten Inanspruchnahmen ambulanter und stationärer Hilfen zur Erziehung nieder.

Wir danken den Stadträtinnen und Stadträten ausdrücklich für ihr bisheriges Engagement, insbesondere im Zusammenhang mit dem Erhalt einzelner Angebote und der Ablehnung der Deckelung der Jugendhilfe. Trotz – oder gerade wegen der schwierigen Haushaltslage, sprechen wir uns klar für den Erhalt der sozialen Infrastruktur aus. Es war ein wichtiges und starkes Signal an die jungen Menschen in Chemnitz, dass der Stadtrat bei der Verabschiedung des Haushaltes 2025/26 nahezu alle Kürzungsvorschläge im Bereich der Jugendhilfe mit fachlicher Begründung und breiter Mehrheit abgelehnt hat. Nur wenn die Jugend(sozial)arbeit gut ausgestattet ist, kann sie auch bei Unterstützungsbedarfen von Kindern, Jugendlichen und Familien wirksam Hilfe leisten.

Daher bedauern wir, dass der Jugendhilfeausschuss am 6. Mai 2025 kurzfristig abgesagt wurde. Gerade in der aktuellen Situation, hätte dieses Gremium Raum für einen fachlichen Austausch und Transparenz über die Folgen der Sperre bieten können. Auch wenn wir die Herausforderungen der städtischen Haushaltslage anerkennen, halten wir eine stärkere Einbindung des Fachgremiums in Entscheidungen, die die Jugendhilfe betreffen, für notwendig. Auch eine fachliche Einordnung durch die Leitung des zuständigen Fachamtes wäre eine hilfreiche Ergänzung für den weiteren Diskussionsprozess.

Junge Menschen in Chemnitz haben ein Recht auf gelingendes Aufwachsen und auf echte Zukunftsperspektiven. Das bedeutet, trotz schwieriger Haushaltslage keine weiteren Einsparungen an dem am 3. Dezember 2024 beschlossenen Maßnahmenplan vorzunehmen, der schon ohne 5 Prozent-Haushaltssperre nicht den jugendhilfeplanerisch festgestellten Bedarf deckt. Hier zu sparen ist ein teurer Fehler – finanziell und gesellschaftlich. Denn die Kürzungen führen nicht nur zu Mehrausgaben für die Bewältigung der Folgekosten, sondern sie gefährden auch Vertrauen, Bindung und die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt. Bereits heute sehen viele junge Menschen ihre Perspektive nicht mehr in Chemnitz. Dabei braucht Chemnitz diese Generation in den kommenden Jahren – als Fachkräfte, als Auszubildende, als Teil einer lebendigen Stadtgesellschaft. Chemnitz braucht junge Menschen – und junge Menschen brauchen verlässliche Orte, an denen sie wachsen, sich ausprobieren und Unterstützung finden.

Vor diesem Hintergrund bitten wir die Mitglieder des Stadtrats mit Nachdruck: Heben Sie die Haushaltssperre im Bereich der Jugend(sozial)arbeit auf. Sichern Sie die Zukunft junger Menschen in Chemnitz – und die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt. Die langfristigen gesellschaftlichen Folgen der Einsparungen übersteigen die kurzfristigen fiskalischen Entlastungen deutlich.

Für Rückfragen oder weiterführende Gespräche stehen wir Ihnen jederzeit zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Tina Kreller
Projektleitung Stadtjugendring Chemnitz
0371 24356704 | tina.kreller@nkjc.de

 

Stadtjugendring Chemnitz im Netzwerk für Kultur- und Jugendarbeit e.V.

Der Stadtjugendring ist eine wichtige Säule im Netzwerk für Kultur- und Jugendarbeit e. V. – einem freiwilligen Zusammenschluss von vorwiegend gemeinnützigen Vereinen, Verbänden und Initiativen in Chemnitz. Wir handeln auf der Grundlage von demokratischen Entscheidungen sowie offenen und transparenten Arbeitsstrukturen. Der Verein lebt vom aktiven Mitwirken seiner über 70 Mitglieder. Das Netzwerk für Kultur- und Jugendarbeit e. V. verfolgt den Zweck der Förderung und Unterstützung von Kunst und Kultur, insbesondere Soziokultur, demokratischer Bildung sowie von Jugendarbeit und Jugendhilfe. Der Verein ist parteipolitisch unabhängiger Interessenvertreter seiner Mitgliedsvereine. Die Vernetzung und Bündelung von Ressourcen sind Ansprüche, die in der täglichen Arbeit realisiert werden.

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